Angst
vor dem Sterben
Jeder Mensch, der die Diagnose erfährt, hat als erstes einen einzigen Gedanken:
Ich werde sterben!
Vielleicht, wahrscheinlich, oder nicht, oder doch, unter Schmerzen oder ...
Wie? Wann? Wer kann mir das zuverlässig sagen?
Die ersten Fragen an den Arzt, sind immer die gleichen - die Antworten auch:
1. Werde ich sterben? Das kann man heute nicht sagen. Das Risiko können wir signifikant durch Therapien senken.
2. Wie lange habe ich noch? Wir müssen den Verlauf beobachten. Das kann normal heilen oder schwierig werden ...
3. Was passiert jetzt? Wir machen Chemo / Bestrahlung / operieren den Tumor raus, Diät, ...
4. Wird es weh tun? Dafür bekommen Sie Schmerzmittel. Wir stellen Sie gut ein.
5. ...
Die meisten stellen die Fragen - manche nicht.
Aber alle haben genau diese Fragen - und noch viel mehr - im Kopf.
Der Patient kommt nach Hause und erzählt von der Diagnose – aber nur selten von seiner alles beherrschenden Angst.
Denn er will ja seinen Partner nicht mit einer Sorge belasten, die er sowieso nicht nehmen kann.
Der Partner will über die Angst ebenfalls nicht sprechen – aus gleichen Gründen.
Und das Thema ist doch so immens wichtig!
Es ist das wichtigste!
Die Angst vor dem Sterben begleitet den Patienten vom ersten Moment an.
Diese Gedanken beherrschen das gesamte Dasein. Jeden Tag, jede Stunde, bei jeder Gelegenheit.
Die meisten lassen die Gedanken zu - können sie überhaupt nicht verdrängen oder kontrollieren. Das macht sie vollkommen fertig.
Solche Gedanken sind neun von zehn Gesprächsinhalte meiner Therapie-Gespräche.
Das wichtigste vorweg: Die Angst wird KLEINER!
Natürlich nur, wenn der Krankheitsverlauf irgendwie zu Hoffnungen veranlasst.
Aber wie gehe ich mit der Angst um?
DARÜBER REDEN!
Mit dem Partner, der Familie oder / und einem Therapeuten.
Leider geht es dem Partner nicht anders. Sogar schlimmer: er ist vollkommen ohnmächtig - im wahrsten Sinne des Wortes - weil er erst einmal überhaupt keine Ahnung hat, was er überhaupt gegen die Angst des Patienten machen kann.
Das ist die übliche Situation:
Der Patient hat Angst vor dem Sterben, dem Tod, allen Konsequenzen für die Familie, den Schmerzen, dem Werdegang.
Der Angehörige hat andere Ängste: wie kann er die Ängste des Patienten verringern, relativieren, vielleicht sogar "wegschalten"?
Der Patient weiß genau, dass der Partner nichts machen kann, dass er nichts voraussehen kann und dass er einem die Ängste nicht nehmen kann.
Was tun?
Recht einfach!
Angehöriger:
Lasse Dir genau erzählen, wovor der Patient genau Angst hat. Ist es der Vorgang des Sterbens, der Weg dahin? Sind es die Schmerzen, die einen dann in den Tod begleiten? Ist es der Tod an sich? Was ist dann? Was macht Ihr alle ohne mich? Das geht doch gar nicht!
An dieser Stelle sei klar festgestellt: Allen Patienten und Angehörigen, die einen Glauben haben, geht es DEUTLICHbesser!
Paradies, Wiederauferstehung, als Seele am Leben teilnehmen - alles eine entscheidende Hoffnung, sich den Tod nicht als "großes Nichts" vorstellen zu müssen. Ein wie auch immer geartetes Leben nach dem Tod ist tröstlich.
Für die Atheisten: lasst die irrationale Vorstellung einer Seele, die bei einem bleibt, bitte zu! Es hilft...
Du kannst aktiv an dem noch unklaren Weg teilnehmen:
"Ich bin IMMER an Deiner Seite!", "Ich lasse Dich NIEMALS allein!", "Ich höre Dir IMMER zu! Auch das tausendste Mal.", "Ich halte IMMER Deine Hand, wenn Du Schmerzen hast, verzweifelt bist."
"Egal, wie der Weg aussieht: ich werde ihn so gut wie es nur irgend geht für Dich bereiten!"
Patient:
Die Angst kann niemand abschalten.
Sie ist da. Permanent, beherrschend, zerstörend.
NIEMAND kann mit der Angst ALLEINE umgehen!
Ich kenne Patienten - vor allem Frauen - die mit der Angst mit gespielter Souveränität, Stärke und Glaube an den Erfolg umgehen.
ALLE diese Menschen sind im Alltag, Beruf und sozialem Umfeld mehr oder weniger abgestürzt.
Es ist eine Art Selbstschutz, eine Art, mit dem Schmerz der Angst umzugehen.
Jeder ist anders und geht anders mit der Angst um. Aber leider geht die Vermeidung völlig in die Hose.
Sie ist dann ein wenig erfolgreich, wenn sich die Angst nicht bestätigt - der Patient also gesundet. Dann steht er stolz da und kann behaupten: „Sehr ihr: ich hatte Recht!“
Nein, er hat einfach nur Glück gehabt…
Reden mit dem Partner ist also extrem schwer, weil man doch mit so vielen schöneren Themen gemeinsam durchs Leben gegangen ist:
Kinder, Karriere, Haus, Garten, Reisen, Anschaffungen, Feiern, Geburtstage, Hochzeiten, Freunde, Spielen, Hobbys, Gemeinsames.
Genau dies sind die Themen, die dem Patienten aber gerade jetzt helfen!
Reden mit dem Partner sollte natürlich immer positiv und kreativ, lösend und fördernd sein. Ein so schweres Thema „Angst vor dem Sterben“ hat man nie auch nur im Entferntesten geübt!
Also holt Euch HILFE!
Holt Euch jemanden, der problemlos, unbelastet und emphatisch über den Tod und die Angst davor sprechen kann. Der Euch zusammenführt und zeigt, wie man mit diesen schlimmen Gedanken lernen kann, umzugehen.
Erst einzeln und dann als Partner und in der Familie.
Das Sprechen über diese Gedanken ordnet die Ängste in Häppchen, die man angehen kann, lernt auszuhalten und in eine kreative – nicht positive, denn das wäre Unsinn – Kraft umlenken kann.
Wie? Kleine Erfolge, Hervorholen von Gedanken an schönes Gemeinsames.
In kleinen, kurzen und immer länger werdenden Häppchen.
Endlich offen und Ehrlich über den Tod und die Angst vor dem Sterben sprechen.
Und wie oben erwähnt: die Angst wir mit der Zeit immer kleiner. Egal, wie die Krankheit ausgeht! Man lernt, damit umzugehen und das macht es einfacher.
Entscheidend und leb-bar.